Danach sind in der Regel 2 Tassen Milchreis schön auf dem Boden verschüttet und großzügig mit den Füßen verteilt, Krümel von Eiern liegen auf und unter den Tischen und Jan Pierre, ein etwas fülligerer Junge, eilt herum und sucht Essensreste, denn sein Hunger ist ungebremst. Danach geht es weiter zum Spielen in den Salon, meistens Fußball, manchmal Brettspiele oder einfach sich mit den Kindern unterhalten und ihren Anweisungen lauschen.
Mit Christopher und Daniel, meinen beiden Gastbrüdern, die ebenfalls im Kindergarten sind, geh ich dann meistens nach draußen auf den staubigen Bolzplatz, wo wir neben Fußball spielen die großartige Aussicht auf den Vulkan Pichincha sowie die Hochhäuser Quitos haben. Ab nächster Woche findet nachdem Frühstück dann richtiger Unterricht statt. Meine Fächer, die ich unterrichten werde, sind Geographie, Sport und Musik, Sarah wird Englisch und Kunst übernehmen und mir bei manchem Fach sicher mal helfen muss. Deshalb müssen wir uns jetzt demnächst auch auf den Unterricht vorbereiten und für die verschiedenen Fächer das passende Equipment kaufen. Nach der 45-minütigen Unterrichtsstunde gibt es eine kleine Pause, in der die Kinder einen kleinen Snack in Form einer Banane oder einer Orange bekommen. Danach beginnt die zweite Unterrichtsstunde, währenddessen essen die kleineren Kinder schon einmal. Gegen 12 Uhr mittags gibt es dann für die restlichen Kinder Mittagessen, wobei man immer zur Stelle sein muss, sei es zum Füttern, beim Erklären wie man einen Löffel hält (Jan Pierre hat heute versucht die Suppe mit Löffel in der Rechten Faust und linker Hand zu essen, was jedoch gescheitert ist, was man an seinen total versauten Klamotten erkennen konnte) und genauso beim darauf achten, das jeder die Suppe aufisst. Einige Kinder sind wirklich sehr ordentlich und vorbildlich, da sie die Suppe ohne Meckern und Rumspielen essen und sich danach den Hauptgang servieren können. Jedoch gibt es auch einige "Suppenkasper", die kein Hunger haben oder einfach warten bis die Suppe kalt ist, naja ich denke das kennen wir alle aus unserer Kindheit. Nach dem Mittagessen werden dann die Kinder ins Bett gebracht, es wird im großen Salon auf Matratzen geschlafen und ich bin dann für den Tag fertig und kann gehen. Jedoch ist es immer wieder äußerst anstrengend, die letzten Male tat ich es den Kindern gleich und gönnte mir einen Mittagsschlaf. Nachmittags hab ich dann immer frei, die letzten Male hab ich mich immer mit dem Dortmunder Fridtjof, auch Fred genannt, in Tumbaco getroffen und sind entweder durch den Park geschlendert und sind in ein Internet-Cafe gegangen oder wir haben uns in Cumbaya, der nächsten größeren Stadt, getroffen. An diesen Nachmittagen wird dann immer das freie Wochenende geplant. Für das kommende Wochenende, an welchem die Wiesn (Oktoberfest) ohne mich in München beginnt, haben wir die Besteigung des Iliniza Northe beschlossen, der mit 5126 Metern auf Platz sieben der höchsten Bergen Ecuadors liegt. Hierbei handelt es sich jedoch abgesehen von der dünneren Luft um einen technisch einfachen Berg, der nur im Dezember ein wenig Schnee besitzt. Für Samstag haben wir den Aufstieg bis zur Schutzhütte geplant, am Sonntag werden wir dann die restlichen 500 Höhenmeter auf den Gipfel zurücklegen. Wir lassen es also erstmal langsam angehen, also bitte nicht erschrecken!
Das zurückliegende Wochenende war wirklich sehr interessant, da wir Freitag nachmittag nach Mindo fuhren, das nur zwei Stunden westlich von Quito in den auf 1500 Metern gelegenen Nebelwäldern liegt. Dort gibt es eine unglaubliche Artenvielfalt von Vögeln, welche wir am Samstag in der Früh bei einer geführten Tour sehen konnten. Wir bekamen verschiedene Tukane, Spechte, Rotköpfe, Papageien und viele weitere exotische Vögel zu Gesicht. Danach badeten wir im Rio Mindo, der eine angenehme Wassertemperatur besaß, stürzten uns bei einem Wasserfall 12 Meter in die Tiefe und rutschten eine aus Beton gefertigte Rutsche ins Wasser herunter. Nachdem dann gegen halb zehn ein großer Touristenstrom erschien, machten wir uns auf den Weg zurück nach Mindo. Dort aßen wir Mittag und machten uns dann noch einmal in die Wälder von Mindo auf, um dort das Canope auszuprobieren.
Canope ist eine Sportart bei der man, durch einem Klettergurt gesichert, der mit einer Seilwinde befestigt ist, über den Dschungel an dicken Stahlseilen quasi fliegt. Und das natürlich in verschiedenen Stellungen, da wären die Standardhaltung, Super-Man, Schmetterling sowie Fledermaus. Wie man dann in der Luft hängt erklären letztere Stellungen doch eigentlich ganz gut. Und hin und wieder bringt dann der Assistent das Seil zum Schwingen, was all dem noch ein bisschen mehr Adrenalin verpasst. Danach warteten wir noch kurz auf unseren Bus nach Quito, in dem wir dann alle erschöpft einschliefen.
Am Sonntag hatte ich mein zweites Fußballspiel und wir gewannen es mit Nuevos Horizontes Puembo mit 6:2, wobei ich mit einem Vollspannvolleytor das wichtige 3:2 vor der Pause beisteuerte, nachdem wir zuvor 2:1 hinten lagen. Den restlichen Sonntag verbrachte ich mit meiner Gastfamilie, nachdem ich zuvor noch schnell Fred in Collaqui besucht hatte.
Ich sollte vielleicht noch von letztem Wochenende berichten, da wir Samstag in der Früh um halb fünf begannen den Imbabura, der über 4600 Meter hoch ist, zu besteigen. Wir hatten um kurz nach sechs Uhr einen wunderschönen Sonnenaufgang, wobei wir die schneebedeckten Gipfel des Cayambe (5790 m) sowie Cotopaxi (5897 m) im aufgehenden Sonnenlicht sehen konnten. Nachdem wir weiter aufgestiegen waren stellte sich leider heraus, dass wir zu weit nach links abgekommen waren und schließlich vor einer unüberwindbaren Felswand standen. Den richtigen Weg nun noch einmal neu anzugehen würde uns zu viel Zeit kosten und wir beschlossen es bei der geschätzten Höhe von 4400 Metern zu belassen. Außerdem hatte ich an diesem Abend mein Debüt für Club Deportivo America. Nach einer Pause in der Sonne, in der wir fast eingeschlafen wären, stiegen wir bergab und erreichten gegen zwei Uhr nachmittags Ibarra, von wo wir aus den Langstreckenbus nach Quito nahmen. Gegen halb sechs Uhr abends war ich zu Hause angekommen, bereit für mein erstes Fußballspiel. Ich spielte von Anfang an, insgesamt 60 Minuten, hatte zwei ganz ordentliche Chancen und auch zwei gute Pässe in die Spitze. Am Ende stand es leider nur 2:2, ich konnte mit meiner Leistung jedoch zufrieden sein. Der Sonntag war einfach nur ausruhen, mit Marcia und Vicky auf den Markt gehen und sich nachmittags noch mit Fridtjof in Tumbaco treffen.
Am Mittwoch bekam ich dann jedoch die Auswirkungen von Samstag zu spüren. Ich hatte einfach zu viel gemacht und deshalb plagte mich die ganze Nacht hindurch richtig heftig pochender Kopfschmerz, der nicht aufhören wollte, sodass ich den nächsten Tag zu Hause blieb. Ich wünsche wirklich niemanden diese Schmerzen, sie waren eigentlich unaushaltbar und hoffe es war das letzte Mal in Ecuador. Später stellte sich heraus, nachdem ich mit meiner Mutter telefonierte, dass es sich wirklich um die Höhenkrankheit handelte, die nicht ganz ungefährlich ist.
Nun bin ich gespannt, was die nächsten Wochen für Überraschungen bringen, hoffe diesmal nur gute. Und noch eine wichtige Meldung. Heute habe ich mir Internet nach Hause bestellt, also werd ich ab sofort über Skype für alle erreichbar sein. Ich muss mir nur noch einen neuen Benutzernamen erstellen, da der bisherige Account gehackt wurde und ich daraufhin dauernd online war.
Jetzt send ich noch liebe Grüße in die Heimat, und vor allem an alle die, die für mich auf der Wiesn eine Maß mittrinken werden.
Bis Bald
Euer Andreas